Conference against Islamophobia (London 20 October)
Ein Koordinationstreffen in London gegen Islamophobie in Europa
                            Defending Multiculturalism!
Von Sabine Schiffer
                       
Das Institute of Race Relations (IRR) unter der Leitung von Liz Fekete hatte für den 20. Oktober zu einer Konferenz in London eingeladen, um eine Bestandsaufnahme zu den Themen „Islamfeindlichkeit“ und die Implikationen des „Krieg gegen den Terror“ zu ermöglichen. Aus fünf europäischen Ländern wurde berichtet: Belgien, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Österreich.

Liz Fekete (rechts) und die Autorin am Podium Alle Fotos: Sinan Ertugrul
   
Luk Vervaet - in der Palästina
-Solidarität tätig
  Nadia Fadil ergänzte die Beschreibungen zur Situation in Belgien um eine  Analyse „linker“ Diskurse, die den antimuslimischen Rassismus  aufgesogen haben. Für jemanden, der das Phänomen der Antideutschen  kennt, keine Überraschung – aber die spezifische Situation im  dreisprachigen und multi-ethnischen Belgien trage zur Ausgrenzung gerade  der muslimischen Minderheit bei.   

Marwan Mohammed        
                         © 2010Von Sabine Schiffer
Das Institute of Race Relations (IRR) unter der Leitung von Liz Fekete hatte für den 20. Oktober zu einer Konferenz in London eingeladen, um eine Bestandsaufnahme zu den Themen „Islamfeindlichkeit“ und die Implikationen des „Krieg gegen den Terror“ zu ermöglichen. Aus fünf europäischen Ländern wurde berichtet: Belgien, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Österreich.
Liz Fekete (rechts) und die Autorin am Podium
Aus Belgien waren die Wissenschaftlerin Nadia Fadil und Luk Vervaet  angereist, der als Lehrer für Niederländisch in belgischen Gefängnissen  tätig war. Inzwischen ist er arbeitslos, weil man ihm, wie in der NRhZ  berichtet, ohne weitere Erklärung den Zugang zum Gefängnis verwehrt und  damit indirekt ein Berufsverbot ausgesprochen hat.(1) Vermutlich wird er  der Solidarität mit muslimischen Gefangenen bezichtigt. Er hatte sich  immer wieder kritisch über die Zustände und die rechtsstaatswidrige  Verdachtskultur geäußert. Neben seinem Einsatz etwa für den jugendlichen  Belgier Oussama Atar, der in den Irak verschleppt und gefoltert wurde,  ist er in der Palästina-Solidarität tätig – offensichtlich keine  erwünschten Bereiche dessen, was man als Meinungsfreiheit verteidigt.
 Luk Vervaet - in der Palästina
-Solidarität tätig
NRhZ-Archiv
 Auch nach den Schilderungen aus Frankreich und Österreich konnte  man sich des Eindrucks kaum erwehren, dass der antimuslimische Rassismus  – gewollt oder hingenommen – sowohl eine innerstaatliche als auch eine  europäische Komponente der Einheitsbildung darstellt. Murat Batur vom  interkulturellen Projekt Kanafani aus Wien, das sich vornehmlich an  Studierende in Österreich richtet, beschrieb, wie die populistischen und  rassistischen Parolen der FPÖ von den anderen Parteien übernommen  werden. Islamfeindlichkeit gehört dazu in Österreich – trotz offizieller  Anerkennung des Islams als gleichwertiger Religionsgemeinschaft. Bei  unterschiedlicher Ausgangssituation in Frankreich, wo die Ablenkung von  der eigenen Kolonialgeschichte immer noch eine wichtige Rolle spielt,  war der Tenor in Bezug auf die ausgrenzenden Diskurse vergleichbar – der  messbare, aber kaum berichtete Rassismus im Alltag jedoch schreckte  zusätzlich auf:
 Marwan Mohammed
Marwan Mohammed vom Collectif contre l’Islamophobie konnte  dokumentieren, wie sich die politisch wie medial immer weiter aufladende  Stimmung konkret im Alltag auswirkt: alle drei Wochen ein Anschlag auf  eine Moschee, Attacken auf muslimisch aussehende Personen gehören  inzwischen ebenfalls zum Alltag, die überwiegende Zahl trifft  (kopftuchtragende) Frauen mit über 80 Prozent der Fälle. Die öffentliche  Empörung werde aber weiterhin auf die Muslime gelenkt, wobei der  Mathematiker eine äußerst sachliche gesamtpolitische Analyse bis hin zu  Überlegungen um die Gründe für diese Entwicklung bot.
 Trotz aller Besonderheiten in Deutschland, erkennen die Lesenden  bereits einige bekannte Elemente, die die Autorin selbst im Rahmen der  Konferenz vortrug. Alle Beiträge werden in Kürze auf der Website des IRR  abrufbar sein (2) Eine Art Überbau lieferte der Vortrag von Asim  Qureshi der Gefangenenhilfsorganisation CagePrisoners aus England: Er  schilderte die sich europaweit ausbreitende Verdachts- und  „Befragekultur“ gegenüber Dunkelhäutigen und vor allem Muslimen, die mit  der Verweigerung von Grundrechten, Gefangennahme und Abschiebungen  einhergeht – dabei wurden einige Kooperationen zwischen Regierungen und  Fluggesellschaften offensichtlich. Auch Liz Fekete betonte, dass man das  Thema Islamophobie nicht losgelöst von dem „Krieg gegen den Terror“  erfassen könne. Und wer stört und vielleicht verstört, dem droht  Inkriminierung: Fred Grace von Fat Rat Films, der zusammen mit Gemma  Atkinson einen Film über einen Terrorverdächtigen unter Hausarrest  gemacht hatte, lieferte ein Beispiel einer solchen juristischen  Verfolgung. Nicht nur in Sachen Presse- und Meinungsfreiheit gibt es  einige Negativentwicklungen zu beklagen. Darum empfanden die  Teilnehmenden einhellig, dass die Zusammenkunft ein ermutigender Auftakt  für eine europaweite Kooperation gegen die genannten Entwicklungen und  dem damit einhergehenden Abbau von Grund- und Bürgerrechten darstellt –  zumal unter den Gästen der Konferenz einschlägige Persönlichkeiten aus  dem öffentlichen Leben waren, für die die Thematik bereits aktives  Politikfeld geworden ist. (PK) 
 NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung
bzw. gekennzeichnete AutorInnen / Institutionen
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